Honig, Trockenfrüchte und Zahnkaries

von Dr.med.dent. J.G. Schnitzer
 

Daß Industriezucker (Küchenzucker, auch brauner Zucker, Milchzucker, Traubenzucker, Fruchtzucker), Auszugsmehle, und damit versetzte Nahrungsmittel die Hauptursachen der Zahnkaries sind, beginnt sich allmählich herumzusprechen, nicht zuletzt durch die Aufklärungsbemühungen des Arbeitskreises Gesundheitskunde e. V.

Es gibt aber sehr viele Menschen, gerade auch in Reformkreisen, die schon jahrelang alle Industriezucker und Auszugsmehle streng meiden und trotzdem an teilweise rasanter Zahnkaries leiden. Zahlreiche solcher Patienten suchten mich in der Sprechstunde mit der Bitte um Rat auf, da ihnen das Fortschreiten der Zahnkaries trotz ihrer vollwertigen Ernährung unerklärlich war.

In jedem einzelnen Fall stellte sich dann der Verzehr von Honig oder Trockenfrüchten als Ursache der verbliebenen Kariesanfälligkeit heraus, und in jedem einzelnen Fall kam nach deren Wegfall die Zahnkaries prompt zum Stillstand.

In einem Fall hatte es ein Mädchen, Tochter eines Reformhausinhabers, durch vollwertige Ernährung bis zum Alter von 14 Jahren geschafft, gesunde Zähne ohne Karies zu haben. Dann trat plötzlich an zwei Zähnen Zahnkaries auf. Der ratlose Vater kam mit ihr in die Sprechstunde. Nach 10 Minuten war die Ursache gefunden: Das Mädchen hatte des öfteren Rosinen als Schulvesper mitgenommen. Nach Vermeidung dieses Fehlers trat keine weitere Zahnkaries mehr auf.

In einem anderen Fall hatte ein 16jähriges Mädchen auf Anraten ihres Arztes einige Wochen lang morgens Haferflocken, vermischt mit Honig, gegessen. Die Folge war eine schwere Schädigung fast sämtlicher Zähne; nur mit einer sehr umfangreichen, kostspieligen zahnärztlichen Behandlung konnte der drohende totale Zahnverlust verhindert werden; trotzdem ist dieses vorher ordentlich gewesene Gebiß ruiniert.

Wahrscheinlich sind Honig und Trockenfrüchte auch die Ursache für den - verhältnismäßig geringen - Kariesbefall bis zu ca. 5 % bei manchen Naturvölkern und bei Bevölkerungsgruppen vergangener Jahrhunderte und Jahrtausende.

Wissenschaftliche Gegner einer Ernährungsprophylaxe der Zahnkaries argumentieren oft: Die Ausschaltung von Industriezucker und Auszugsmehlen nützt wenig, wenn weiterhin Honig und Trockenfrüchte konsumiert werden. Sie haben recht! Die richtige Konsequenz ist allerdings nicht die ihre, auf Ernährungsprophylaxe zugunsten von Fluor zu verzichten, sondern die, die Ernährungsmaßnahmen entsprechend zu erweitern.

Eine vollständige Verhütung der Zahnkaries ohne Vermeidung konzentrierten Honigs und konzentrierter Trockenfrüchte und ohne sehr sparsame und nur gelegentliche Verwendung dieser Produkte in verdünnter bzw. eingeweichter Form ist in der Regel, d.h. bei ca. 98% der Fälle, nicht möglich.

Die wissenschaftliche Erklärung hierfür liegt in der zu hohen Konzentration des Zuckers in den Trockenfrüchten - frische Früchte erzeugen keine Zahnkaries! - und beim Honig außerdem im Gehalt an leicht verfügbaren Vitaminen des B-Komplexes. Diese werden schon in der Mundhöhle wirksam und ermöglichen daher einer karieserzeugenden Mundbakterienflora ein besonders rasches Wachstum.

Deshalb läßt sich mit Honig eine noch rasantere Zahnkaries als mit reinem Industriezucker erzeugen. Man beachte einmal den Gebißzustand von Imkern und - besonders aufschlußreich - von an sich vollwertig ernährten Reformern, die aber Honig und Trockenfrüchte gerne konsumieren! Der für die Gesundheit unentbehrliche B-Komplex der Getreide in Vollkornnahrung wird erst bei der Verdauung frei.

Der Forscher Dostal machte Versuche mit pulverisiertem Zahnschmelz im Reagenzglas. Dabei ließ sich durch analytische Untersuchung zeigen, daß wässrige Lösungen von Honig 1:1 schon in kürzester Zeit P2O5 und Kalzium (also Kalziumphosphat, das hauptsächliche Baumaterial des Zahnschmelzes und des Zahnbeins!) auflösen. Die Menge des gelösten Schmelzes hängt dabei von der Dauer der Einwirkung ab und ist in der Anfangsphase am höchsten (diese Sofortwirkung läßt sich also selbst durch Zähneputzen sogleich nach dem Essen nicht mehr rückgängig machen). Da in der Anfangsphase die durch Wechselwirkung der OH-Gruppen des Invertzuckers entstandenen elektro-negativen Felder noch unbesetzt sind, muß die Auflösung des Hydroxylapatits (= Zahnhartsubstanz) mit zunehmender Besetzung, die stöchiometrisch erfolgt, abnehmen (zit. n. Dr. H. Iskraut, "Wichtige Hinweise für die weitere Kariesforschung", in "Zahnärztliche Mitteilungen", Heft 16/1968, S. 799~804 (Organ des Bundesverbandes der deutschen Zahnärzte).

Eine weitere Erläuterung der Zusammenhänge findet sich in meinem Buch "Gesunde Zähne...", 2. Auflage 1967, Bircher-Benner-Verlag, Bad Homburg v.d.H. und Zürich, besonders auf den Seiten 49 und 51 - 54; weiter in meiner Veröffentlichung "Heilung der Kariesanfälligkeit durch zahnärztliche und Ernährungsmaßnahmen", in "Vitalstoffe-Zivilisationskrankheiten" Heft 2/1967; Sponholtz Verlag, Hannover-Westerfeld; Einzelheiten zur Honigfrage außerdem in Lammers / Hafer "Biologie der Zahnkaries" Dr. Hüthig-Verlag, Heidelberg 1956, S.31.

Eine gesunde, kariesverhütende Ernährungsweise unter Berücksichtigung dieser Erkenntnisse ist in der Gesamtausgabe der Mönchweiler Merkblätter "Gesundheit für unsere Jugend" und in der Einzelschrift "Wie wirtschaftet die moderne Hausfrau? Das Kursbuch der gesunden Ernährung" (beide W. Schnitzer Verlag, St. Georgen im Schwarzwald) geschildert.

Offensichtlich ist der Mensch physiologisch nicht für den Verzehr konzentrierterer Süßigkeiten gebaut, als sie in der Form frischen, reifen Obstes vorliegen auch wenn es sich um "natürliche" Süßigkeiten handelt. Alles, was konzentrierter süß ist, zerstört in jedem Fall die Zähne.

Aus dieser in ärztlicher Erfahrung gewonnenen, durch wissenschaftliche Experimente untermauerten Tatsache müssen wir die Konsequenzen ziehen, auch wenn diese unbequem sind und vielleicht die Änderung persönlicher Gewohnheiten notwendig machen. Würden wir Kariesverhütung nur durch Ausschaltung der Industriezucker und Auszugsmehle und Verabreichung vollwertiger Nahrung betreiben wollen, Honig und Trockenfrüchte aber unberücksichtigt lassen, so hätten wir nicht nur keinen Erfolg - sondern wir müßten uns mit Recht von unseren wissenschaftlichen Gegenspielern das Schimpfwort "Naturapostel" gefallen lassen. Wir würden in den gleichen Fehler verfallen, den wir unseren Gegenspielern verwerfen müssen: An einem Dogma festzuhalten, anstatt sich nüchtern nach dem zu richten, was die Augen sehen können, wenn sie wollen.

Copyright by W. Schnitzer Verlag, D-7742 St. Georgen im Schwarzwald

 

... Süßigkeiten wirken leider so rasant, daß auch bei einwandfrei und vollwertig
ernährten, gesunden Kindern einmalig zwischen 5 und 20 Bonbons beispielsweise
genügen, gleich mehrere Milch- und bleibende Zähne kariös zu machen, also
dem Kinde einen bleibenden Schaden fürs ganze Leben zuzufügen.

aus Dr.J.G.Schnitzer: Nie mehr Zahnweh! Schnitzer-Vlg. 1971

 
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Mit freundlichen Empfehlungen

Humanistische AKTION

8/1999 


 
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Aktualisiert am 14.03.12