Lach-Meditation

Ein Weg zu sich und der Welt
 
von Roland Schutzbach

 
Gemeinsames Lachen ist der direkteste Weg zu sich selbst und zum Mitmenschen. In den vergangenen Jahrzehnten ist eine neue Art von gemeinsamem Lachen als dieser Weg (wieder-) entdeckt worden: Zuletzt im Jahr 1995 von Dr. Madan Kataria, Bombay. Kataria nahm die alte Einsicht ernst, wonach Lachen die beste Medizin sei. Er begab sich in einem Park in der Stadt auf die Suche nach potentiellen Mit-LacherInnen, und wurde nach einigen Widerständen und Missgeschicken fündig: Jeden Morgen versammelte er eine Gruppe von Menschen um sich, die sich schliesslich zu einem "Lach-Club" formierte. Kataria war wie viele Inder jahrelang im Yoga geübt und verband nun die Schulung des Yoga mit dem Lachen, indem er bestimmte Atemübungen übernahm bzw. umformte.

In kurzer Zeit breitete sich die Idee der Lach-Clubs in ganz Indien aus. In der Regel treffen sich 20 bis 40 Menschen am frühen Morgen in einem Park und lachen etwa 15 bis 20 Minuten zusammen, bevor sie zur Arbeit gehen. Die Wirkungen sind erstaunlich, denn nicht nur körperlich, sondern auch psychisch werden beträchtliche Energien freigesetzt, die u.U. den ganzen Tag wirksam sind.

In den USA beschäftigt sich die wissenschaftliche "Gelotologie" mit den physiologischen und psychologischen Auswirkungen von Lachen und Humor. Man hat zweifelsfrei festgestellt, dass das Lachen auf den Gesamtorganismus heilend wirkt und sogar Krankheiten heilen kann. Der weltweit bekannte Humor-Arzt Patch Adams beschreibt diese Zusammenhänge wie folgt:

"Obwohl Humor schwer zu bewerten ist, kann die Reaktion auf ihn - Lachen - ohne weiteres untersucht werden. Wissenschaftliche Forschung hat erwiesen, dass Lachen den Anteil der natürlichen Chemikalien erhöht, Catecholamine und Endorphine, die in uns Menschen schwungvolle und gute Gefühle auslösen. Es senkt ausserdem die Absonderung von Cortisol und vermindert die Ablagerungsmenge, infolgedessen werden die Immunreaktionen stimuliert. Der Sauerstoffgehalt im Blut steigt an, und die Luftrückstände in den Lungen werden reduziert."

Der Schreibende hat sowohl Patch Adams als auch Dr. Kataria persönlich kennengelernt und in den letzten Jahren seinen eigenen Weg der Lach-Meditation entwickelt. Dieser Weg ist überwiegend spontan und vertraut auf die Kreativität der Gruppe. Er stützt sich auf die Erfahrungen von Kataria, dass es möglich ist, ohne äusseren Grund zu lachen.

Die Begegnung im gemeinsamen Lachen geschieht in einer Heiterkeit und Gelöstheit, die uns die Welt in einem neuen Licht erscheinen lassen.

"Beim Lachen in der Gruppe habe ich das Erlebnis, dass ich mit jedem Menschen Freund sein kann. Es ist eine Erfahrung tiefer Freude. Am nächsten Tag spüre ich noch die aufhellende, motivierende Wirkung." Marianne Inselmini, Teilnehmerin an Lach-Ereignissen mit Roland Schutzbach.

 

Anmerkung

Beim Lesen voranstehenden Textes kam mir der Gedanke, daß die Treffen zum Lachen sehr gut durch gemeinsames Singen ergänzt werden könnten. In meinem Lieder-Textbuch, das ich gelegentlich zusammen mit meiner Gitarre zu Treffen mitnehme, habe ich vor etlichen Jahren mal notiert: "Singen lockert, befreit, verbindet, stimmt froh, macht heiter". R.K.
 

*


 

Rebell, Spassmacher, Heiler

Patch Adams' albern-liebevolle Mission
 

Ein verrückterer Kerl kann einem kaum über den Weg laufen: Patch Adams, eine hagere Gestalt etwa im Stil des Don Quichotte, mit langen weissen Haaren, in ein Narrenkostüm gekleidet, zieht alle Aufmerksamkeit auf sich, wenn er die Leute auf der Strasse auffordert, mit ihm zu lachen, oder wenn er ihnen empfiehlt, ihre Unterwäsche über der Kleidung zu tragen, um sich möglichst lächerlich zu machen.

Dabei ist er ein Philosoph erster Ordnung, ein hochbegabter Intellektueller, der mit seinen scharfen Angriffen auf das amerikanische Gesundheitssystem schon manche heilige Kuh attackiert hat. Man kann gar nicht genug von ihm lernen.

Roland Schutzbach berichtet:
 
Patch Adams' grosse Lebenswende vollzog sich während eines Aufenthaltes in einer psychiatrischen Klinik, als er 19 Jahre alt war. Er hatte sich wegen Suizidgefährdung selber eingeliefert und begegnete dort Menschen, denen es noch schlechter ging als ihm, da sie völlig einsam und ohne Freunde waren. Er entdeckte, dass er seinem Zimmernachbarn durch liebevolles Zuhören und durch Anteilnahme helfen konnte. In seinem auch autobiographisch geprägten Buch "Gesundheit" (leider nicht mehr lieferbar) beschreibt Adams diese seine "Wiedergeburt":

"Ich besiegte alle meine Dämonen und wurde der Mensch, der ich heute bin. Mein Selbstvertrauen, meine Liebe zur Weisheit und mein Wunsch, die Welt zu verändern, wurzelten in diesem kurzen Lebensabschnitt, als ich die Verzweiflung überwand und eine Wiedergeburt erlebte." ( "Gesundheit", S. 17, alle folgenden Zitate aus diesem Buch.)

Bald entdeckte er, dass "Spass ebenso wichtig ist wie Liebe und Leben" (S. 17). Er begann mit Spass zu experimentieren. Seine Leidenschaft für das Helfen brachte ihn zum Arzt-Studium, wo er gegen die starren Formen etwa bei den Arzt-Visiten im Krankenhaus rebellierte und gegen den Willen der Professoren Freundschaft mit den Patienten schloss.

Später gründete er eine eigene, private Klinik, in der das Prinzip des Humors im Zentrum stand. Sein Lebenswerk ist der erneute Aufbau einer solchen "albernen Klinik". Durch grössere Spenden soll dies jetzt möglich werden. Hier seien die Grundprinzipien kurz wiedergegeben:

"Wir wollen Spass, Freundschaft und Freude am Dienen zurück in das Gesundheitswesen bringen. Wir arbeiten daran, Geiz und Konkurrenz durch Grosszügigkeit, Mitgefühl und gegenseitige Verbundenheit zu ersetzen."

Der ganze Ansatz hat auch einen philosophischen und gesellschaftlichen Aspekt:

Es geht um die Frage, ob wir glücklich sein können, ob dies erstrebenswert ist, und ob das Glücklichsein etwas Gutes in der Gesellschaft bewirkt.

Adams diagnostiziert: "In unserer Gesellschaft sind die meisten Menschen unglücklich mit ihrem Leben und brauchen ein riesiges Ausmass an psychologischer und spiritueller Nahrung".

Seine Antwort auf die obige Frage ist, dass die Erfahrung des Lachens, des Spasses und des Glücklichseins sowohl ein Ziel auch eine Voraussetzung eines gelingenden menschlichen Lebens sind. Er will "eine Gemeinschaft der Gesundheitsfürsorge, die auf Freundschaft...basiert, deren Mitarbeiter mit ihren Familien in der Einrichtung und in einer Atmosphäre des Glücklichseins, Verrücktseins, Liebe, Kreativität und Zusammenarbeit vereint sind. Wie keine andere Macht wird diese Atmosphäre die Gesundheit stärken und das Leid erleichtern..." (S. 37)

Aber Adams ist sich voll bewusst, dass es hier nicht nur um eine medizinische Frage, sondern um einen Paradigmen-Wechsel von grösster Bedeutung geht: Von der erleidenden Haltung des Opfers zur schöpferischen Kraft des freien Individuums, das zusammen mit anderen die Gesellschaft neu gestaltet; vom ewigen Herumreiten auf den Schwierigkeiten des Lebens zum vollen, lustvollen und engagierten Ja-Sagen, von der ängstlichen Sorge um die Zukunft zum intensiven Erleben des Augenblicks.

Eine solche Haltung, von vielen praktiziert, wird auch eine glücklichere Gesellschaft hervorbringen!

Ein letztes Zitat in diesem Sinne:

"Das Leben ist ein so grosses Wunder, und es ist so schön, am Leben zu sein, dass ich mich frage, wie irgendein Mensch nur eine Minute verschwenden könnte"? (S. 78)

Roland Schutzbach

Literatur, Videos, Websites: Patch Adams: Hausbesuche. Die etwas andere Art, Menschen zu heilen. Heyne Taschenbuch, 14.- Fr. Patch Adams: Videokassette. Hollywood- Film mit Robin Williams als Hauptdarsteller, 39.- Fr. Offizielle Website: www.patchadams.org 

 

Anmerkung

Zu einem sinnerfüllenden, ganzheitlichen Leben gehört neben Freude vermittelnden und gesunderhaltenden Tätigkeits-Bereichen und therapeutischen Methoden auch eine solide Kenntnis vom Sinn des Lebens sowie eine verantwortliche Grundeinstellung, gewissermaßen eine individuelle Verfassung, welche die Kriterien eines universellen Menschenbildes enthält, dessen höchstes Gut die Menschenwürde bildet. Diese kann weder durch eine vorrangige Leistungs-, noch Spaß-Gesellschaft erreicht werden, sondern am ehesten durch eine Verantwortungs-Gesellschaft, die den verschiedenen Teilbereichen den jeweils wünschenswerten und erforderlichen, immer aber nur verantwortbaren Raum läßt. R.K.
 

 
siehe auch 'Lebenssinn und Humanismus -  Versuch zu einer allgemeingültigen Orientierung'
 


 
Mit freundlichen Empfehlungen
 
Humanistische AKTION
 
4/2001
 


 
nach oben   -   Service   -   Menue   -   Texte-Verzeichnis   -   Stichwörter
 

www.humanistische-aktion.de/lachen.htm

Aktualisiert am 03.07.02