Menschliche Zukunft

Über die eigentlichen Probleme und Lösungen 

Immer mehr Bücher, Zeitschriften, Artikel, Tagungen und Vereine befassen sich mit dem Thema Zukunft in allen möglichen Bereichen. Allzu gern konzentriert man sich dabei auf Technik, Ökologie, Wirtschaft oder Politik. Was meistens fehlt, das ist das Thema Mensch. Dabei ist der Mensch doch das eigentliche Problem des Menschen. Nicht die Technik bringt die Gefahr oder den Segen, sondern der Mensch, der sie schafft und sich ihrer bedient. Je weniger erwachsen und damit verantwortlich ein Mensch ist, um so eher läßt er sich zur Überschätzung und zum Mißbrauch der Technik verführen.
 

Probleme lassen sich nicht mit den Denkweisen lösen, die zu ihnen geführt haben.
Albert Einstein

Mehr ganzheitliche Denk-Ansätze sind erforderlich, Ansätze, die den Menschen mit einbeziehen, denn immer sind es Menschen in ihrer jeweiligen geistigen Grund-Einstellung und Befindlichkeit, welche die Technik, die Wissenschaft etc. entwickeln, und es sind - meist andere - Menschen, welche die Ergebnisse aus diesen Gebieten anwenden. Wenn bei dem Thema Zukunft im Vordergrund das Gebiet der Technik steht, dann ist das etwa so, als wenn beim Thema Fußball-Spiel vordergründig die technische Beschaffenheit des Balles behandelt würde. Deshalb wären bei Zukunfts-Fragen der Mensch und die Menschlichkeit vorrangig zu erörtern, wenn das Thema nicht nur eine Alibifunktion erfüllen und zur Selbsttäuschung führen soll.

Warum denn wird der Mensch als Verursacher der Probleme und als "Endverbraucher" der Zukunftsvisionen nicht in die Überlegungen mit einbezogen? Was ist überhaupt Menschlichkeit, woraus besteht sie, wie entsteht sie, wie könnte, wie sollte, wie muß sie sein, wenn die derzeitigen Verhältnisse innerhalb der Gesellschaft - und zwischen Mensch und Natur - erhalten, stabilisiert und verbessert werden sollen. Welche Motive treiben Wissenschaftler, Techniker, Wirtschaftler, Politiker an, welche Welt- und Menschenbilder liegen ihrem Handeln zugrunde? Wie bilden sich diese Welt- und Menschenbilder und die daraus erwachsenden Werte? Schließlich: Sind die maßgebenden "Bilder" und Bildungs-Einrichtungen noch aktuell und zukunftsweisend für eine sinnstiftende ethische Orientierung?

Gleich nach dem Thema Menschlichkeit, noch vor der Technik, sollten die Medien auf die Zukunfts-Tagesordnung gesetzt werden. Presse, Funk und - vor allem - das Fernsehen sind viel bedeutender für die gesellschaftliche Entwicklung als bisher allgemein angenommen wird. Und die Medienmacher tragen viel mehr Verantwortung als ihnen bewußt ist und aus ihren Arbeiten erkennbar wird. Sie könnten, sie sollten weit mehr Mediatoren sein, anstatt Unterhalter und Verstärker traditioneller Positionen. Es ist an der Zeit, zu diskutieren, ob die vom Gesetzgeber den öffentlich-rechtlichen Medien vorgegebenen Aufgaben - Information, Bildung und Unterhaltung - noch aktuell sind, und ob nicht die Vorgabe Unterhaltung durch Mediation ersetzt gehörte. Bei dem heutigen Überangebot an Informationen und sinnlichen Einflüssen ist sogar zu fragen, ob Unterhaltung ohne einen gewissen ethischen Anspruch nicht als Droge eingestuft werden müßte.

Mit Blick auf unsere Zukunft hat auch das weite Feld der Menschenbildung Vorrang. Im Vergleich zu Technik, Wirtschaft usw. besteht hier ein großer Nachholbedarf. Dabei sollte der Mensch stets als Entwickler und als Anwender zugleich im Blick behalten werden. Wenn die Gesellschaft nachhaltig stabilisiert und weiterentwickelt werden soll, dann muß unsere überwiegend analytisch orientierte Grundhaltung durch eine ganzheitliche, zusammenführende ersetzt werden. Gerade im Hinblick auf die Globalisierung können auch persönlichkeitsformende Faktoren wie Kultur und Religion nicht weiter privatisiert und tabuisiert bleiben. Auch hier müssen trennende und ausgrenzende Orientierungen überwunden werden zugunsten der Erkenntnis, daß es nur diese eine Welt und diese eine Menschheit gibt. Erst wenn die Identität der einzelnen Menschen nicht mehr durch Abgrenzung, sondern durch individuelle, eigenständige und unmittelbare Verbundenheit zum Ganzen gewonnen wird, kann sich auch das spezifisch Individuelle im Menschen frei von Abhängigkeiten voll entfalten und zur nachhaltigen Entwicklung der Mitwelt beitragen. Unsere Zukunft wird wesentlich von der Entwicklung des Menschen bestimmt, seine innere Stabilität und seine ethische Orientierung sind entscheidend.

Schon jetzt, nicht erst in der Zukunft, hätten wir alle Möglichkeiten um ein sinnerfülltes Leben zu führen. Wenn nur der Sinn mehr erkannt, verinnerlicht und berücksichtigt würde. An diesem, scheinbar unbedeutenden Punkt zeigt sich der Ursprung der menschlichen Fehlentwicklung. Wer denkt schon darüber nach? Wer hat überhaupt Interesse daran? Wer hat Zeit und Ruhe dazu? Die meisten Menschen, voran die Macher und Bestimmer, sind dermaßen von ihren täglichen Aufgaben besetzt, daß sie kaum über den Sinn ihrer Tätigkeit nachdenken, geschweige denn über den Sinn des und ihres Lebens. Und nun ist auch das Thema Zukunft für viele ein Mittel, um der schwierigen Gegenwart und einer bedrohlichen Besinnlichkeit zu entfliehen. Wie anders kann dies gesehen werden angesichts der zunehmenden Flut an Büchern, Zeitschriften, Artikeln, Tagungen und Vereinen, die sich fast ausschließlich mit Technik, Ökologie, Wirtschaft, Politik und deren Teilgebieten beschäftigen, nicht aber mit dem Menschen?

Wir haben in unserer Gesellschaft für alle möglichen Gebiete Experten. Was fehlt, ist eine Orientierung an dem, was unsere Probleme verursacht und wo die Lösung zu finden wäre: beim Menschen. Im Grunde sehr einfach, aber für die meisten wohl zu schwer. Wie sagte Wilhelm Busch so schön? Was ist am schwersten zu erreichen? - Daß man sich selber hinter die Schliche kommt. Bleibt zu hoffen, daß vielleicht doch noch irgendwann genügend Menschen sich am universellen Menschentum orientieren, es verinnerlichen und sich öffentlich dazu bekennen. Das ist allemal eine wesentliche Voraussetzung zur nachhaltigen Sicherung der Zukunft.

Rudolf Kuhr
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Kurze Texte (durchschnittlich 1 DIN A4-Seite) zu dem Themengebiet Menschenbildung befinden sich in allgemeinverständlicher Form z. B. auf folgenden Seiten: 'Worum es letztlich geht - Menschlichkeit', 'Humanistisches Werte-System', 'Wachstum an Menschlichkeit', 'Einladung zur Menschlichkeit' 'Abenteuer Menschsein', 'Lebenssinn und Humanismus' und einiges mehr in dem Texte-Verzeichnis.

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Humanistische AKTION

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Aktualisiert am 08.07.02
 

Die Eroberung der Sterne

Was hat der Mensch im Weltall verloren? 

Nachdem nun auch schon mit den Vorbereitungen für einen Raumfahrt-Tourismus begonnen wurde, scheinen ein paar grundsätzliche Gedanken zur Raumfahrt angebracht.

Die Eroberung der Sterne? - Herzen zu erobern wäre wohl wichtiger. Ein alter Schlagertext fällt mir ein zum Thema: "Ich hol dir keine Sterne mehr vom Himmel, die liegen nachher doch bloß wieder rum...".

Was der Menschheit an den Sternen wirklich wichtig sein kann, das beschränkte sich bisher im Wesentlichen auf die Nautik. Heute wissen wir mit größter Sicherheit aus praktischer Erfahrung, daß die Risiken und Nebenwirkungen der Raumfahrt, besonders die kostenmäßigen, in keinem verantwortbaren Verhältnis zum Nutzen für die Allgemeinheit stehen. Weitere Erkenntnisse über die Entstehung und Beschaffenheit von Himmelskörpern und -Systemen mögen für manche interessant sein, zur Unterhaltung und auch zum Broterwerb. Wichtiger und dringender wären Erkenntnisse in menschlichen Bereichen über Entstehung und Beschaffenheit von Kreativität, Verantwortlichkeit und Solidarität beim Menschen.

Was hat der Mensch im Weltall verloren? Meine Antwort: nichts, es sei denn, den schon jetzt immer mehr - letztlich auch für die Allgemeinheit - zum Problem werdenden Raumfahrt-Müll. Eigentlich müßte die Frage ja lauten: Was hat der Mensch im Weltall zu suchen? Sich selbst könnte man da bissig sagen, und das wäre auch gar nicht so falsch. Er könnte seine verhältnismäßige Unbedeutenheit erkennen, zu einer angemessenen Bescheidenheit gelangen und sich den wesentlichen menschlichen Aufgaben zuwenden. Statt dessen instrumentalisiert er - zumindest einige tun es - die fantastische Idee von einer dem allgemeinen Nutzen dienenden Raumfahrt, um sich damit zu beschäftigen, zu unterhalten, abzulenken, sich wichtig zu tun, persönlich zu profilieren, Geld zu verdienen und Unsummen davon zu verschwenden.

Sicher, erlaubt ist was gefällt, aber wie sagte schon Wilhelm Busch so treffend: "Was man besonders gerne tut ist selten ganz besonders gut." Und auch die folgenden drei Zitate treffen den Kern unseres Themas, auch wenn sie den Himmel in anderer Weise meinten: "Weist nur die Menschen in den Himmel, wenn ihr sie um alles Irdische betrügen wollt." (Johann Gottfried Seume, Schriftsteller 1763-1810) sowie: "Es ist erbärmlich anzusehen, wie die Menschen nach Wundern schnappen, um nur in ihrem Unsinn und Albernheiten beharren zu dürfen und sich gegen die Obermacht des Menschenverstandes und der Vernunft wehren zu können. (Goethe an Jacobi 1.6.1791), "... und während wir über den Himmel streiten, gehen wir auf Erden zugrunde." (Heinrich Heine, Dichter 1797-1856). Nachfolgend noch ein trefflicher Text zum Thema von Friedrich Dürrenmatt:

"Flucht auf den Mond - Am 20. Juli 1969 begann nicht ein neues Zeitalter, sondern der Versuch, sich aus dem unbewältigten 20. Jahrhundert in den Himmel wegzustehlen. Nicht die menschliche Vernunft wurde bestätigt, sondern deren Ohnmacht.

Es ist leichter, auf den Mond zu fliegen, als mit anderen Rassen friedlich zusammenzuleben, leichter als eine wirkliche Demokratie und einen wirklichen Sozialismus durchzuführen, leichter als den Hunger und die Unwissenheit zu besiegen, leichter als den Vietnamkrieg zu vermeiden oder zu beenden, leichter als den wirklichen Mörder eines Präsidenten zu finden, leichter als zwischen den Arabern und den Juden und zwischen den Russen und den Chinesen Frieden zu stiften, leichter als die Sahara zu bewässern, leichter als den von einer kleinen weißen Volksgruppe besiedelten Kontinent Australien auch für andere Rassen zu öffnen, ja, leichter als das Zweistromland des Tigris und des Euphrat wieder zu jener fruchtbaren Ebene zu machen, die es einst war.

Nicht der Mondflug ist das Schlimme, er ist nichts als eines jener technischen Abenteuer, das durch die Anwendung von Wissenschaften immer wieder möglich wird: Schlimm ist die Illusion, die er erweckt. Ein neuer Kolumbus ist unmöglich, denn er entdeckte einen neuen Kontinent, der zu bevölkern war, Apollo 11 jedoch erreichte nichts, was der Erde entsprach, er erreichte bloß die Wüste der Wüsten, den Mond. Wie weit wir auch unser Sonnensystem durchmessen, immer werden die Bedingungen auf den anderen Planeten so schlecht, so jämmerlich, so unmenschlich sein, daß diese Welten von der Erde aus nie besiedelt werden können.

Mag es auch auf dem Mond oder auf dem Mars ein astronomisches Institut geben, mit einer künstlichen Atmosphäre (ich hoffe es), es zählt nichts gegenüber dem, was sich auf der Erde ereignen wird. Daß der Papst im gleichen Jahre, da er vor dem Bildschirm die Mondlandung segnete, die Pille verbot, symbolisiert die Katastrophe, der wir, schneller als zu den Sternen, entgegeneilen."

Zum Schluß nochmal ein alter Schlagertext: "Die Fahrt zum Mond hat sich gelohnt. Nun weiß die Wissenschaft im Grunde ganz gewissenhaft, daß sich die Fahrt zum Mond nicht lohnt. So hat die Fahrt zum Mond sich schließlich doch gelohnt."

Rudolf Kuhr

 

Schwatzet mir nicht so viel von Nebelflecken und Sonnen!
Ist die Natur nur groß, weil sie zu zählen euch gibt?
Euer Gegenstand ist der erhabenste freilich im Raume;
Aber, Freunde, im  R a u m  wohnt das Erhabene nicht.

Friedrich Schiller

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Ethik ist eine bis ins Unendliche erweitere Verantwortung.
Albert Schweitzer, Arzt und Philosoph (1875-1965)

 

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Stiftung Verantwortliche Menschlichkeit - Entwurf und Einladung


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12/2005
 
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Aktualisiert am 04.06.14